LOT 315 Brueghel d. J., Pieter
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Pieter Brueghel the Younger, 1564 - 1638 Antwerp COUPLE WITH CHILD ESCAPE A BUMPER/ TONDO AS A PAINTED PROVERY? Oil on panel. Diameter: 16.5 cm. Accompanied by an expert''Ts report by Dr Luuk Pijl, Dokkum, dated 14 October 2019. Literature: K. Ertz, Pieter Brueghel the Younger (1564-1637/ 38). Die Gemälde mit kritischem oeuvrekatalog. LUCA, Dr. Ertz & Partner oHG, 2000. W. Schmidt, Künstlerfamilie Brueghel. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Vol. 3, Duncker & Humblot, Leipzig 1876, pp. 400-402. W. A. Schmidt, Brueghel, Pieter (painter). In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Vol. 3, Duncker & Humblot, Leipzig 1876. Brueghel d. J., Pieter 1564 - 1638 Antwerpen Paar mit Kind entflieht einer Rauferei / Tondo als gemaltes Sprichwort? Öl auf Holz. Durchmesser: 16,5 cm. Beigegeben eine Expertise von Dr. Luuk Pijl, Dokkum, 14. Oktober 2019. Das sehr gut erhaltene Rundbild zeigt im Vordergrund ein nach links davonziehendes Paar. Der Mann in roten Beinkleidern, mit einem Schwert in der Hand, die Frau in dunklem Kleid mit weißer Haube. Im Hintergrund ein Gebäude, vor dem sich eine heftige Rauferei entwickelt hat - Männer mit Beil und Heugabel schlagen aufeinander los. Dem fliehenden Paar läuft ein Knabe mit Dudelsack und topfförmiger Haube voraus. Auf ihn weist die Mutter mit offener Hand, gleichsam fürsorglich schützend, mit ängstlichem Blick. Am Baumstamm links hängt ein Andachtsbild mit Schnitzwerk und Giebeldach. Der Mann blickt nach rechts, in Richtung auf zwei Elstern. Die Szene ist winterlich gezeigt, mit verschneitem Anger im Hintergrund, kahlen Bäumen, strohgedeckten Häusern und einer Kirche am Ausgang des Angers. Als weitere Details sind Landleute bei der Arbeit zu sehen, rechts im unteren Vordergrund die beiden Elstern im Schnee. Zum Bildvergleich stehen zwei weitere formal entsprechende Bilddarstellungen zu Verfügung. Beide jedoch in größerem breitem Rechteckformat. Das Musée des Beaux Arts in Montreal besitzt eines dieser Versionen, von Brueghel signiert, 41 x 65 cm., vermutlich nach 1616 entstanden. Das zweite Vergleichsexemplar ist 1989 im Pariser Handel aufgetaucht, in dem weit größeren Format von 76 x 104 cm. In den Vergleichsbildern ist am Gebäude rechts mit den raufenden Männern ein Buschenkranz zu sehen, der zeigt, dass es sich um ein Wirtshaus handelt. Demgemäß erfolgte auch die Betitelung "Rückkehr von der Herberge", oder auch "Return from the Inn", "Trunkenbold mit seiner Frau auf dem Heimweg" bzw. "The Drunkard Being Led Home". Für diese querformatigen Darstellungen ist dies auch zutreffend. Jedoch sei hier erlaubt, das vorliegende Rundbild als ein Werk mit völlig erweitertem Sinn zu deuten. Bekanntlich handelt es sich bei solchen Rundbildern Brueghels überwiegend um Sprichwortdarstellungen. Die Abwandlungen von Einzelheiten hier im Tondo lassen darauf schließen, dass trotz gleicher formaler Inhalte der Sinn abgeändert worden ist. Auf den "Buschenkranz", der in den Vergleichsbildern das Gebäude so deutlich als Wirtshaus erkennen ließ, hat Brueghel hier anscheinend nicht ohne Grund verzichtet. Auch die "Trunkenheit" des Alten ist keineswegs mehr deutlich. Stattdessen ist der Blick entsetzt, ja, ängstlich gezeigt. In einer der früheren Beschreibungen des Tondos sind die beiden Vögel rechts seitlich zwar erwähnt, nicht jedoch, dass sie in den genannten Vergleichsbildern fehlen. Noch wichtiger aber ist meines Erachtens die Feststellung, dass es sich hier um Elstern handelt. Dies ist aber als äußerst wichtige Symbolik zu sehen, denn seit jeher war in der Bildsprache dieser Vogel als Symbol für Diebstahl gesehen und als Galgenvogel zu deuten, was dem Bildsinn des Tondos nun eine völlig neue Bedeutung gibt. Zudem lässt sich damit auch das Geschehen im Hintergrund in anderem Licht sehen. Das Paar im Vordergrund mit dem Dudelsack tragenden Kind entflieht also wohl nicht aufgrund einer Trunkenheit des Mannes, sondern entsetzt, wegen eines drohenden Unglücks. Auch ist bei genauerer Betrachtung klar zu erkennen, dass der Mann keineswegs trunken dreinblickt, sondern eindeutig hin auf die Elstern rechts. So gesehen könnte die Rauferei im Hintergrund eine andere Ursache als Trunkenheit haben. Die Darstellungen der Kirche im Hintergrund und des Andachtsbildes am Baum gewinnen hier dadurch eine völlig neue Bedeutung. Die außergewöhnlich hohe Malqualität des Tondos lässt den Schluss zu, dass auch die genannten Veränderungen, was Details und Bildsinn betrifft, keineswegs zufällig, sondern von Brueghel bewusst vorgenommen wurden. Welcher Sprichwortsinn hier Bild geworden ist, darüber können noch Überlegungen angestellt werden. Dass das vorliegende Tondo von vorneherein in diesem Format gedacht war, geht aus der richtigen Beobachtung des Gutachtens von Luuk Pijl hervor. Die rückseitige Randbehandlung mittels Meissel findet sich bei sämtlichen Tondi Brueghels, und war üblich für das beginnende 17. Jahrhundert. Die stilistischen Merkmale des Montreal-Bildes gaben bereits Anlass zur überzeigenden Annahme, dass der jüngere Brueghel hier ein verschollenes Werk seines Vaters kopiert habe. Umso mehr erklärt sich die in dem vorliegenden Tondo völlig neuartige Stilistik, aber auch die Verwendung eines früheren Motives des Vaters für eine neue Sprichwort-Darstellung durch den Sohn. Eine Datierung in die 1620-er Jahre wurde bereits vorgeschlagen. Als Pieter Brueghel d. Ä. 1569 starb, war der Sohn erst fünf Jahre alt. Die Großmutter, die ihn erzogen hat, war die Wittwe des Malers Pieter Coecke van Aelst, und sie war selbst als Malerin kleiner Bilder tätig. Vielleicht erklärt dies die Vorliebe P. Bruegels für das kleinere Rundformat. Seine Landschaften lassen den Einfluss des Gillis van Coninxloo (1544-1607) erkennen. A. R. Literatur: Klaus Ertz, Pieter Brueghel der Jüngere (1564-1637/38). Die Gemälde mit kritischem Oeuvrekatalog. LUCA Verlag Dr. Ertz & Partner oHG, 2000. Wilhelm Schmidt, Künstlerfamilie Brueghel. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 3, Duncker & Humblot, Leipzig 1876, S. 400-402. Wilhelm Adolf Schmidt, Brueghel, Pieter (Maler). In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 3, Duncker & Humblot, Leipzig 1876.
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